Hallo,
ich stimme zu, dass das Wort Servus der lateinischen Sprache angehört und daher früher nur mit Sklave, später Diener übersetzt wurde. Lateinische Übersetzungen in anderen Sprachen können jedoch nicht immer so wörtlich übersetzt werden, sondern müssen ja immer auch einen Sinn ergeben. Sollte der Beruf damit gemeint sein, würde es heute z.B. bei uns ein Landarbeiter (damals Ackerknecht) usw. sein. Ich habe jedoch Latein in der Schule gelernt und uns wurde beigebracht, dass servus auch bei Übersetzungen mit „ ich bin Dein Diener“ oder „zu Deinen Diensten“ übersetzt wird und finde, dass es bei einer Taufe als Begrüßung passt. Oder werden in diesem Kirchenbuch die verschiedenen Stände auch lateinisch aufgeführt? Dann könnte es sich um einen Diener, Knecht handeln. Ist dies nicht der Fall würde ich aufgrund der Tatsache (Taufe), dass das Wort „servus“ frei mit „ Diener des Täuflings“ ein Willkommensgruß zu übersetzen ist, zumal ich nicht weiß, im welchem Jahr diese Taufe stattfand. Es ist heute völlig unwichtig, was das Wort einer längst (fast) toten Sprache einmal bedeutete. Wichtig wäre zu wissen, was der Kirchenbuchschreiber mit der lateinischen Übersetzung servus beabsichtigte, wenn die anderen Stände nicht auf Lateinisch im Buch stehen.
Auch der Papst wird als Diener Gottes bezeichnet: Servus Dei. Er selbst bezeichnet sich auf Deutsch „Diener der Diener Gottes“.
Ein jeder muss nun selbst entscheiden. Wir werden es wahrscheinlich nur mit dem Kirchenbuch klären können.
Allen einen schönen Abend.
Renate (Bruhn)
Moin,
wenn im Kirchenbuch bei den Taufpaten jeweils die Stände mit aufgeführt sind und bei dem einen Soldat steht, beim anderen aber Servus.... wo soll da noch die Deutungsschwierigkeit liegen?
Das damit dann Diener oder vergleichbares gemeint ist sollte doch ausser Frage stehen? Warum steht bei allen ein Stand, ausser bei einigen - da wird kein Stand angegeben aber der Täufling begrüßt? Wohl kaum.... bei durchgängiger Angabe eines Standes, ist mit Servus ebendso ein Stand (Beruf) gemeint - nämlich der eines Dieners - ggf. auch der eines Knechtes oder ähnliches. Aber doch bitte keine Täuflingsbegrüßung durch den Taufpaten....
Viele Grüße,
Oliver Lehmann
Hallo Oliver,
damit möchte ich mich bedanken und anschließen. Ich habe noch in keinem Kirchenbuch eine Begrüßung an das Neugeborene gefunden. Mir kam das jetzt auch spanisch vor, denn Servus sagt man eigentlich nur in Bayern (als Begrüßung).
Ich möchte niemandem auf die Füße treten, aber so eine Antwort kam mir in dieser Gruppe fraglich vor. Die Antworten des Knechts/Leibeigener/Diener waren dann eigenlich logischer für mich.
Viele GrüßeSonja
-----Ursprüngliche Mitteilung-----
Hallo!
Insbesondere im mittelosteuropäischen Raum muss bei der Betrachtung unbedingt der Stand der Person herangezogen werden. Es kann tatsächlich im Sinne Knecht/Dienstmagd übersetzt werden. Es ist aber auch möglich, dass es verwendet wird im Sinne Hausdiener im Sinne eines Höflings (gerade zum Beispiel bei Magnatenhöfen) als Synonym für verschiedene Tätigkeiten, sofern sie nicht mit besonderen Bezeichnungen wie Schreiber, Ökonom, Sekretär, Mundschenk, Truchseß, Verwalter ... belegt werden. Dies trifft auch bei dem mittlervermögenden Landadel. Generell trat dies bei Nachkommen landlos gewordenen Adelsfamilien - Anstellung bei den Kirchen, beim Militär oder dem begüteterem Adel auf.
Dazu kommt - wie auch heute beim "Einkauf" willfähriger Personen durch deren Versorgung mit Bürojobs bei Politikern (als Fraktionsangestellte oder Refernten direkt bei den Abgeordneten, alleine in der Bundesrepublik muss man von etlichen Zehntausenden Personen ausgehen). So wurden nicht nur bei den Magnaten oder z. B. den kirchlichen Würdenträger generell Kleinadlige als "Stimmvieh" angestellt, denn hierdurch konnte man sich deren Wahlstimmen sichern. Man darf nicht vergessen, dass die Res Publica mit deren Lehensgebieten ein hierarchisches demokratisches Staatswesen war, neben dem zentralen gewählten Zweikammerparlament, dem Reichstag (Sejm), bestanden sowohl auf regionaler Ebene (Landes- oder Wojewodschaftssejms) als auch auf Kreisebene (sejmiki powiatowe) gewählte Lokalparlamente. Auf jeder Ebene gab es Jobs - Ämter und Würden (neben den Abgeordnetenmandate), die man durch eine entsprechende Stimmmacht erobern konnte und die Geld einbrachten.
Zugleich wie bei den Königs-, Fürsten- und Bischofshöfen der Pagendienst, wurden nicht selten adlige Jugendliche in den Dienst geschickt,um sie zu schulen, d.h. ihnen entprechende "Manieren" beizubringen. Alles vorgesagt gilt natürlich nicht für Bauern und Grundhörige, die keine Staatsbürger der Res Publica (Königreich Polen und Großherzogtum Litauen und dem Lehensgebiet des königlichen Preußens) waren.
MfG
Edward von Schlesinger
Edward von Schlesinger
Guten Morgen,
eine gute Hilfe bei ähnlichen Fragestellungen beitet das GenWiki von Compgen:
http://genwiki.genealogy.net/Lesen_von_Kirchenbuchdaten
Unter 1.12 Berufsangaben findet man unter "Servus" die Erklärung "Diener, Knecht".
Einen schönen Tag wünscht
Freya (Rosan)