Liebe Listenmitglieder,
per Weiterleitung kursiert auf einigen Listen die Nachricht aus einer "Chronik der Stadt Arnstadt", es sei von 1650 bis 1660 in Deutschland die Bigamie f�r M�nner erlaubt gewesen. Dazu erlaube ich mir Stellung zu nehmen:
Zitiert wird offenbar aus der Datei
http://www.arnstadt.de/content/chronik/teil5.pdf .
Weder Verfasser noch Quellen werden genannt.
Dort hei�t es:
"Nach dem 30-j�hrigen Krieg (1618-1648) waren von den 17 Millionen
Bewohnern Deutschlands nur
noch 4 Millionen, meist Frauen und M�dchen �brig.
Abgesehen davon, dass Sch�tzungen zur Bev�lkerungszahl Deutschlands im 17. Jh. generell schwierig sind, so sind diese Angaben sicher falsch. G�ngige Sch�tzungen sprechen von einem R�ckgang der Bev�lkerung von 16 auf 10 Mio. oder auch von 20 auf 15 Mio. Dass meist nur noch "Frauen und M�dchen" gelebt h�tten, ist ebenso Unsinn.
Aus diesem Grunde wurde am 14.2.1650 auf
dem fr�nkischen Kreistag in N�rnberg folgender Beschlu� gefa�t und
f�r ganz Deutschland zum Gesetz erhoben:
Hieran ist zumindest grundfalsch, dass der "fr�nkische Kreistag in N�rnberg" kein Gesetz f�r ganz Deutschland beschlie�en konnte. Der Fr�nkische Kreistag war zust�ndig f�r den Fr�nkischen Reichskreis, etwa das heutige Franken.
F�r das Reich insgesamt gab es einen Reichstag; allerdings oblag die Gesetzgebung weitgehend den einzelnen L�ndern im damaligen Reich.
Schlie�lich kannte man im 17. Jh. noch keine Zivilehe. Die katholische Kirche untersagte Bigamie und verfolgte F�lle von Bigamie. Vereinzelt findet man Hinweise auf Bigamie in Generalvikariatsprotokollen und �hnlichen Akten der bisch�flichen Verwaltung. Die Vertreter der Katholischen Kirche auf dem Fr�nkischen Reichstag, n�mlich die Hochstifte Bamberg, W�rzburg und Eichst�tt sowie die Ballei Franken des Deutschen Ordens h�tten einen solchen Beschluss nie mitgetragen!
Insofern habe ich ganz massive Zweifel an dieser angeblichen Bigamie-ERlaubnis - sowohl wegen der dubiosen Ver�ffentlichung als auch aus inhaltlichen Gr�nden.
Mit freundlichen Gr��en
Tobias A. Kemper
P.S. Gerne zur Weiterleitung.