Hallo Anne,
da der Namen sehr oft vorkommt, habe ich (fast alle) Texte komplett
eingescannt.
Verfasser: Professor Dr. Guenther Grundmann
Ueberschrift: Friedrich Wilhelm Grundmann und Kattowitz
Am 11. Februar 1839 hatte Franz WINCKLER, in zweiter Ehe vermaehlt mit Maria
Aresin-Domes auf Miechowitz, den Kaufvertrag unterzeichnet, auf Grund dessen
das Gut Kattowitz aus dem Besitz des Oberbergrats Lehmann in den seinen
ueberging. Dieser Kauf war der Anlass dafuer, dass sieh die Lebensumstaende
des damals unbekannten fuenfunddreissigjaehrigen kgl. Steigers auf der
Friedrichsgrube in Tarnowitz, Friedrich Wilhelm Grundmanns, und die des
damals ebenso unbekannten kleinen Dorfes Kattowitz miteinander vereinigten,
eine Vereinigung, die beiden Partnern zu einem erstaunlichen Aufstieg
verhelfen sollte.
Der aeussere Anlass war eine ganz nuechterne Ueberlegung Franz WINCKLERS:
Einmal sprach die zentrale Lage von Kattowitz fuer die Verlegung des bisher
in Miechowitz befindlichen Bueros nach Kattowitz, zum anderen war sich
WINCKLER darueber im klaren, dass seine durch diesen Erwerb bedeutend
vergroesserten Unternehmungen einen tuechtigen Direktor benoetigten.
Hierfuer schien ihm sein ehemaliger Mitschueler an der Tarnowitzer
Bergschule der geeignete Mann zu sein. Der innere Anlass war freilich eine
auf Vertrauen begruendete Jugendfreundschaft, die beide Maenner bis zu
W�INCKLER vorzeitigem Tode verband. So wurde am 10. Maerz 1839 der
Dienstvertrag mit Friedrich Wilhelm Grundmann in Miechowitz unterzeichnet,
auf Grund dessen er zugleich aus dem Staatsdienst auszuscheiden sich
verpflichtete. Hierueber erhielt er am 13. Mai 1839 die erforderliche
Urkunde; er selbst war jedoch schon unmittelbar nach der
Vertragsunterzeichnung nach Kattowitz uebergesiedelt, um dort in seinem
kleinen Buero, das ihm WINCKLER eingerichtet hatte, am 10. Maerz mit der
Arbeit zu beginnen. Seit diesem Tage war das Dorf Kattowitz seine neue
Heimat geworden, und die Dorfgemeinde betrachtete ihn von diesem Datum an
als ihren Mitbuerger, dem sie fuenfundzwanzig Jahre spaeter einen silbernen
Ehrenpokal ueberreichte, dessen eingravierte Worte �10. Maerz 1864. Aus
Hochachtung die Gemeinde Kattowitz� durch eine ausfuehrliche Urkunde
erlaeutert wurden:
�Hochwohlgeborener Herr! Hochgeehrter Herr Geheimer Commissionsrath!
Denselben Tag, an welchem Ihnen naeherstehende Personen Veranlassung finden,
ihre Freude darueber auszusprechen, dass Sie nun schon 25 Jahre dem
Wirkungskreis vorstehen, in welchem Sie Hochachtung und Liebe in reichem
Ma�e sich erworben haben, glauben die Unterzeichneten nicht voruebergehen
lassen zu duerfen, um auch ihrerseits den Herrn zu preisen, dass er ihnen so
grosses Glueck beschieden hat, und ihn zu bitten, dass er Sie noch lange
gesund und thatkraeftig erhalte.
Denn wir Bewohner eines Ortes, der als seltenes Beispiel schnellen Wachstums
und als ein merkwuerdiger Glanzpunkt in der Culturgeschichte unserer
Provinz geruehmt wird, verkennen nicht, dass der Beginn der gluecklichen
Aera von Kattowitz nicht bloss zufaellig mit dem Eintritt in Ihren
gegenwaertigen Wirkungskreis zusammfiel.
Ja, hochverehrter Herr, trug auch in neuerer Zeit das Zusammentreffen
anderer guenstiger Umstaende mit zur Hebung unseres Wohnortes bei, Sie haben
doch durch eigene That oder durch wohlwollende Unterstuetzung der Bestrebung
anderer das heutige Kattowitz bis dahin fast allein geschaffen, wo es schon
in die Lage kam, die oeffentliche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und wo
auf der gegebenen Grundlage sich ein Fortschritt an den anderen naturgemaess
reihen konnte.
Und wer wuesste es nicht, wie Sie noch fort und fort Ihre Teilnahme der
ferneren Entwicklung Ihrer Schoepfung zuwenden, ohne nach dem Danke zu
fragen, den nur Engherzigkeit oder kurzer Blick Ihnen versagen duerften!
�Nie wollen wir es Ihnen lohnen? Den schoensten Lohn dafuer finden Sie
freilich im eigenen Bewusstsein; unsere liebste Sorge aber soll sein, dass
der Name Grundmann unter den Bewohnern von Kattowitz sich in dankbarer
Erinnerung von Geschlecht zu Geschlecht vererbe.
Von den Einwohnern der Gemeinde Kattowitz.�
Dieser Widmungstext laesst einigermassen erkennen, wieviel die Gemeinde in
diesen 25 Jahren der rastlosen Arbeit Grundmanns verdankte. Bis zum Jahre
1851 hatte die Zusammenarbeit des inzwischen geadelten Franz von WINCKLER
mit Grundmann die Voraussetzungen fuer die bergbautechnische Erschliessung
des Gutes Kattowitz geschaffen. Da starb ueberraschend auf einer Reise
WINCKLER am 6. August 1853 und hinterliess seiner Witwe und seiner einzigen
Tochter aus erster Ehe den inzwischen bedeutend vermehrten Besitz. Am 6.
September 1853 erteilten die beiden Erben Grundmann die Generalvollmacht,
aber schon am 30. September des gleichen Jahres starb Franz von WINKLERS
Witwe. Bereits am 7. November 1854 heiratete die hinterlassene Waise Valeska
von WINCKLER den Leutnant Hubert von Tide, dem durch Patent vom 19. Dezember
1854 der Grossherzog von Mecklenburg-Schwerin gestattete, sich und seine
Nachkommen von TIELE-WINCKLER zu nennen. Grundmanns Generalvollmacht blieb
auch nach der Verheiratung bestehen, und so moege noch einmal der Text einer
allerpersoenlichsten und familiaeren Urkunde mitgeteilt werden, aus dem
hervorgeht, was die Familie von TIELE-WINCKLER am 10. Maerz 1864 auch
ihrerseits nach fuenfundzwanzigjaehriger Dienstzeit an Dankbarkeit zum
Ausdruck brachte:
�Hochgeehrter Herr Geheimrat, lieber, wertet Freund! Die fuenfundzwanzigste
Wiederkehr des Tages, an welchem Sie in unmittelbare Beziehungen zu unserem
Vater traten, betrachten wir mit allem Recht als den Zeitpunkt, von dem ab
Sie nie aufgehoert haben, uns lhre seltenen Talente zu widmen, Ihre ganze
Zeit, nicht bloss die Tage dieser langen Reihe von Jahren, sondern, wenn nur
ein Schein von Notwendigkeit hervortrat, auch die Naechte hinzugeben, in
treuester Anhaenglichkeit, in unveraenderter Neigung und Bestaendigkeit bei
allen Wechselfaellen des Lebens und der Verhaeltnisse, � zunaechst unserem
Vater, Ihrem Jugendfreund, dann seiner hinterlassenen Familie. Sie waren der
treue Freund und Fuehrer der Verlassenen und Elternlosen, Sie wurden der
Leiter und Ratgeber des in neue, unbekannte Verhaeltnisse Eintretenden, Sie
uebernahmen in Liebe und Freundschaft als Pate unserer Kinder auch noch die
Sorge fuer diese.
Lieber, werter Freund!
Mit unseren Kindern treten wir vor Sie hin, um Ihnen zu danken, innig aus
vollem Herzen zu danken fuer diese treue, unablaessige Hingebung an uns und
unsere Familie. �Wir kommen aber auch mit der Bitte zu Ihnen; Ihren Rat und
ihre Tat, Ihre fuer uns unentbehrliche Freundschaft fuer alle Zeiten zu
bewahren und die Versicherung entgegenzunehmen, dass fuer alle Zeit bleiben
werden innig und dankbar Ihnen zugetan.
Valesea von TIELE-WINCKLER - Hubert von TIELE-WINCKLER