AW: Erbrecht

Hallo Bernd,

in meinen Familiengeschichten gabe es zweimal derartige Situationen, wo der
Vater früher starb und dann die Söhne mit den Stiefvätern um das väterliche
Erbe stritten. Bei der einen Familie, das waren Müller und Freibauern in
Zellin (Kr. Neustadt OS), wurde der erste Müller mit 33 Jahren 1780
"erschlagen aufgefunden" und hinterließ die junge Witwe mit 5 Kindern. Die
Witwe heiratete 7 Monate später einen Nachbarssohn (ca. 5 Jahre jünger als
sie selbst). Wie die Besitzverhältnisse genau da waren, läßt sich nicht mehr
rekonstruieren, doch sind Unterlagen vorhanden, wonach in den Jahren
1800/1826 der älteste Sohn des ermordeten Müllers mit dem Stiefvater und
dessen Sohn (also dem Halbbruder) im Streit um die Mühle lag. 1826 ist dann
der Sohn des ermordeten Müllers der alleinige Besitzer der Mühle, des
Freibauerngutes und 1828 bereits einer weiteren Mühle in der ca. 10 Km.
entfernten Ortschaft Komornik/Kammersfeld. Ich gehe also hier mal davon aus,
dass es nicht automatisch so kommen musste, dass der Sohn des einstigen
Müllers das Erbe doch noch antrat, sondern hier der Stiefvater auf eine
Starke persönlichkeit traf, der er dann doch weichen musste. Ein schwacher
Charakter hätte sich vielleicht dem Schicksal gefügt und das väterliche Erbe
den Söhnen des Stiefvaters überlassen. (Nur so meine persönlche
Vermutungen...)Die nächsten 4 Generationen übernahm immer jeweils der
älteste Sohn die Hof und die Mühle.

Eine andere Vorfahrenfamilie hatte in Körnitz (Kreis Neustadt OS) einen
Bauernhof. Die Verhältnisse auf diesem Hof beschrieb mal meine Oma in einem
Brief, den ich kürzlich abgetippt und auch in die Liste gestellt habe. Hier
werden ziemlich interessant die Verhältnisse auf dem Lande vor ca. 150
Jahren sowie solche Begebenheiten beschrieben:

"Unseren Hof baute Urgroßvater Michael Pawliczek vor rund 100 Jahren aus,
nachdem er diesen von einem Vater Joseph geerbt hatte. Als die Körnitzer
Bauern nach langen Prozessen mit den Grafen von Seher-Thoß aus der
Erbuntertänigkeit entlassen wurden, kaufte Michael neues Ackerland, Kühe und
Pferde. Er baute auch das Wohnhaus neu aus Ziegelsteinen und ersetzte das
Strohdach durch eine feste Bedachung. Das Wohnhaus war 1855 fertiggestellt,
das besagt heute noch die Tafel am Giebel unseres Elternhauses. Auch die
Scheunen und Ställe baute Michael neu auf und auch der Auszug für die Eltern
geht wahrscheinlich auf seine Zeit zurück. Michael baute als einer der
ersten Körnitzer aus Stein. Die anderen Leute in Körnitz dachten zu dieser
Zeit noch nicht mal daran Häuser aus Stein zu bauen. Erst nach dem
französischem Kriege wurde es modern in unserem Dorfe die alten
strohbedeckten Lehmhütten abzueisen und fest zu bauen. Als die erste Frau
von Michael, Marianna geb. Saft wenige Jahre nach der Hochzeit gestorben
war, hat unser Ahn die Uroma Agnes geborene Schneider geheiratet, mit der er
bis zum Ende seines Lebens verbrachte. Als Michael nach einem hartem Leben
1858 siebenundfünfzigjährig verstarb, heiratete seine Witwe Agnes, einen der
Knechte, den Anton Kias, dessen Vater Thomas schon beim Urgroßvater Michael
beschäftigt war. Da Agnes mit ihrem neuem Mann aber nur die Tochter Agnes
hatten, übernahm langsam Johann Pawliczek das väterliche Erbe. Es kam aber
immer öfter zu Reibereien und Streit zwischen Johann und dem Stiefvater
Anton.
Noch als Michael Pawliczek lebte, wurden in Körnitz die zwei Bauernhöfe des
alten Georg Smuda und schon drei Jahre vorher der von seinem Schweigersohn
Franz Kabza frei. Die Erbin beider Höfe, Franziska Kabza war aber noch sehr
jung und suchte einen Mann. Da half Michael Pawliczek der Franziska und
brachte sie mit dem Sohn seines Bekannten aus Oberglogau Joseph Janik, dem
Anton Janik zusammen. Anton Janik war ein guter Mann, er war aber auch
gierig. Als der Unfriede auf dem Pawliczek Hof dann so groß wurde, weil Opa
Johann Pawliczek, der schon endlich heiraten wollte aber sein Stiefvater
Anton Kias ihm keine Ausstattung geben wollte, half Anton Janik dem jungem
Pawliczek und gab ihm seine Tochter Franziska Janik zur Frau. Anton Kias und
seine Frau Agnes zogen dann auf den Auszug. Aber Franziska Pawliczek starb
paar Jahre nach der Hochzeit, kurze Zeit später auch der kleine Sohn von
Johann und Franziska Pawliczek. Johann heiratete danach die ledige Schwester
seiner verstorbenen ersten Frau, die Catharina Janik mit er die 3 Töchter
Pauline, Sophie und unsere Mutter Maria hatten. Aber Opa Johann starb 1896
und Oma Catharina 1899 und so blieben unsere Mutter und die Tanten Pauline
und Sophie Weisenkinder. Zu dieser Zeit lebten aber auch schon ihre
Großeltern Anton und Agnes Kias nicht mehr auf dem Auszug und auch die
anderen Großeltern Anton und Franziska Janik waren schon tot. Also gaben die
zwei Onkel der Kinder, Johann Janik und Anton Janik welche selbst viele
Kinder hatten die Mädchen in Obhut anderer Leute. Unsere Mutter kam zu der
Familie des Lehrers Bordak, die keine Kinder hatten unsere Mutter aber ganz
schlecht behandelten. Die älteste, Pauline ging nach Friedersdorf, wo sie
bei einer Verwandten eine Schneiderlehre machte und die jüngste Sophie kam
nach Leobschütz ins KWeisenhaus. Auf unserem Hof lebte nur noch die
Großtante Agnes, die Tochter von Anton und Agnes Kias. Die pawliczekischen
Acker bearbeiteten aber Johann und Anton Janik, die diese nicht zurückgeben
wollten, als unsere Mutter mit 17 Jahren nach Hause zurückkam und ihre
Schwestern mitnahm. Mutter musste dann ihren Cousin Franz Janik heiraten um
ihr Feld wieder zu bekommen. Aber die Ehe war nicht gut und so starben alle
Kinder von unserer Mutter und von Franz Janik und 1917 erkrankte auch Franz
Janik an Tuberkulose und verstarb. Unsere Mutter wollte erst nicht wieder
heiraten und wollte den Hof mit der alten Tante Agnes Kias und ihren
Schwestern Pauline uns Sophia bewirtschaften. Pauline verdiente damals auch
sehr gut mit ihrem Schneiderbetrieb, wo sie manchmal bis zu 6 Lehrmädchen
hatte. Aber alle wollten, dass unsere Mutter, die eine sehr schöne Frau war,
wieder heiratete. Mutter war aber stur, heiratete nicht sondern lebte ohne
den Segen unserer Kirche mit dem Amtmann Joseph Hullin und hatte die
Tochter Maria 1918 bekommen. 1920 kam aber unser Vater Heinrich Sluzallek
aus dem Mühlenhof von Zellin, der in Körnitz Förster werden wollte hierhin
und blieb mit unserer Mutter zusammen. Im gleichem Jahr noch heirateten
beide. 1921 kam dann unser lieber Bruder Johann auf die Welt, 1923 ich und
1925, 27 und 31 Adelheid, Hilde und Lisa..........."

Gruß
Andreas Smarzly