Adeliger Hufenwirth um 1840

Hallo Ursel,
in Ergänzung zu der knapp lexikalischen Erläuterung ließe sich noch
folgendes ergänzen:

In (Ost-)Preussen gab es bis zur Landreform 1807 (veranlaßt durch die
Minister von Hardenberg und vom Stein, um die Finanzkraft des Staatshaushalts zu
konsolidieren) neben den freien Bauern, die auf eigenem Grund wirtschafteten
(meist Freisassen, manchmal Hochzinser oder auch schlicht Freye genannt),
erbuntertänige Bauern auf adeligem oder auch auf königlichem Land. Die
erbuntertänigen Bauern saßen meist auf einem Stück Land in der Größe einer Hufe (ca. 15
ha). Das Haus, der Besatz (so nannte man das überlassene
Inventar/Werkzeug/Vieh) und der Grund gehörten dem adeligen Gutsherrn oder dem König, der seine
Besitzrechte von einem Amtmann/Domainenpächter verwalten ließ.

Die königlichen Hufenwirthe unterschieden sich von den adeligen in der
praktischen Auslegung und Anwendung der Rechte und Pflichten. Der König hatte für
seine Verwaltung strenge Gesetze erlassen, wie mit seinen Bauern umzugehen
war. Unrechtmäßige Anordnung von Scharwerk, Heranziehung zu Sonderdiensten zum
eigenen Vorteil des jeweiligen Verwaltungsbeamten wurde drakonisch geahndet.
Meistens waren die königlichen (Amts-)Bauern aber besser versorgt als die
Adelsuntertanen: es gab z.B. aus den Staatsforsten gewissen Mengen Brennholz,
man genoß vielleicht freie Weiderechte im Wald oder auf Domainenwiesen...

Die adeligen Wirte oder Hufenwirthe unterstanden ganz und gar dem Wunsch und
Gutdünken des jeweiligen hochwohlgeborenen Besitzers. Wenn der unter
Umständen knapp bei Kasse war, hatten die Bauern mehr an Abgaben oder
Arbeitsleistung zu erbringen. Bei verantwortungsbewußten, klug wirtschaftenden Gutsherren
wurden die erbuntertänigen Bauern gerecht behandelt. Man brauchte ja
verlässliche Arbeitskräfte.

Die erbuntertänigen Bauern saßen wie gesagt auf einer Bauernstelle mit 1 - 2
Hufen. Behausung, Werkzeug/Inventar und teilweise Vieh wurden zur Verfügung
gestellt. In Notfällen mußte der Gutsherr Hilfe leisten: bei Blitzschlag
Bauholz zum Neubau von Scheune oder Haus zur Verfügung stellen, neues
Saatgetreide bei Mißernten etc. Die überlassene Bauernstelle diente zur Selbstversorgung
und dafür mußten Abgaben erbracht werden. Darüber hinaus waren festgelegte
Dienste abzuleisten, das sogenannte Scharwerk. Die Bauernstellen wurden in der
Regel an einen fähigen Sohn weitergegeben. Der Gutsherr hat, schon aus
eigenem Interesse, einer Übernahme im Erbwege zugestimmt. Die gesamte Familie war
erbuntertänig und wurde zu Arbeiten in der Gutsherrschaft herangezogen.
Adelig erbuntertänige Bauern konnten in der Regel nur innerhalb ihrer
Gutsherrschaft heiraten, wenn sie denn dazu in der Lage waren. Für Heiraten über die
Gutsherrschaftsgrenzen hinweg bedurfte es einer "Ablösezahlung" an den fremden
Gutsherrn, dem dadurch eine Arbeitskraft abhanden kam. Das konnte sich in der
Regel kein heiratswilliger Jungbauer leisten.

Nach der Landreform 1807 dauerte es noch einige Jahrzehnte, bis die
Neuerungen überall umgesetzt wurden. Die Wirthe auf adeligem Besitz sollten den
bewirtschafteten Grund als Eigentum bekommen. Dafür hatten sie höhere Abgaben zu
leisten. Scharwerk und unbezahlte Dienste wurden abgeschaft. Für die Umsetzung
der neuen Bestimmungen gab es Kommissionen, die genau bewerteten, wie der
Besitzübergang abgegolten werden sollte. Bodengüte, Größe, Besatz spielten
dabei eine Rolle. Im Staatsarchiv Berlin sind darüber meist noch Akten zu finden.

Ich vermute, daß um 1840 einfach die gewohnte alte Bezeichnung "adeliger
Hufenwirth" weiterbenutzt wurde. Wie die tatsächliche Rechtslage war, kann man
vielleicht noch individuell versuchen herauszufinden, wenn es dazu Unterlagen
im Archiv gibt. Generell läßt sich sagen, daß der Prozeß der Umwandlung hin
zu Eigentumsverhältnissen auf jeden Fall im Gange gewesen sein muß.
Scharwerksleistungen waren in der Regel nicht mehr üblich. Vielleicht hatte der Bauer
die vereinbarte Abgeltung zum vollständigen Eigentumserwerb noch nicht
abbezahlt und stand daher noch in der Schuld/Abhängigkeit des Gutsherrn. Die Kinder
haben den Hof sicherlich auf eigenen Wunsch verlassen können, um woanders in
Stellung zu gehen.

Die erbuntertänigen Bauern auf königlichem Grund wurden auf Befehl von
Friedrich II. bereits 1777 in die "Freiheit" entlassen. Es gab jedoch Dörfer, die
sich geschlossen dagegen zur Wehr gesetzt haben. Nicht jedem Bauern schien es
erstrebenswert, auf eigenes Risiko wirtschaften so müssen. Einige königlichen
Amtsbauern genossen lieber die Sicherheit, bei Mißernten, Blitzschlag und
Feuerschaden Hilfe von "Oben" entgegen nehmen zu können und ließen sich dafür
gern vom Amtmann zum Scharwerk schicken.

Ich habe hier grob meine Erfahrungen aus umfangreichen Aktenrecherchen im
Staatsarchiv zusammengefaßt. Bei Interesse kann ich auf besondere Einzelheiten
oder Zusammenhänge gern noch ausführlicher eingehen. Ich gebe auch gern alles
an Informationen weiter, wo und wie man im Archiv zu diesem Thema etwas
finden kann.

Grüße aus Berlin

Viktor

Hallo Viktor,
danke f�r Deine Ausf�hrungen. Ich hatte schon versucht, in den Pr�stationstabellen von Preu�isch Eylau, zusammengestellt von Kenkel, glaube ich, etwas �ber meine Vorfahren zu finden und mich gewundert, dass Guttenfeld nicht erw�hnt war. Jetzt verstehe ich die Zusammenh�nge besser. Guttenfeld und Klein Steegen waren nicht k�niglich, daher tauchen sie in den Tabellen nicht auf.
Gibt es Eintr�ge irgendwelcher Art f�r die Zeit nach 1840? Es gibt ja keine KB mehr, und ich stecke von der Traueintragung besagten adeligen Hufenwirths an fest in meinem Bem�hen, die Reihe der Vorfahren fortzusetzen. Ich wei� noch von seinem Schwiegersohn, einem Sohn eines Zimmermeisters aus Zinten, der zun�chst als Knecht, dann als Eigenk�thner in Guttenfeld gef�hrt wurde.
Konnten auch die Eigenk�thner sp�ter ihr Land kaufen? Gibt es dar�ber Eintragungen? Er ist mit Sicherheit noch mindestens bis 1859 in Guttenfeld geblieben, wahrscheinlich sogar bis zu seinem Tod

Da gibt es vielleicht bei den Grund- und Hypothekenakten etwas zu holen.

HÖRT ENDLICH AUF!
Warum beleidigt Ihr Euch gegenseitig? Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung. AKZEPTIERT das endlich!

Und wenn es nicht endlich aufhört, bin ich die längste Zeit in dieser Liste gewesen.

Erst das dänische Lager, dann ..., und jetzt auch noch gegen Dieter Sommerfeld, dem ich übrigens nur zustimmen kann!

WARUM SCHREITEN DIE ADMINISTRATOREN NICHT ENDLICH EIN???

ICH SCHREIE ABSICHTLICH, es reicht!

Gruß, an alle, die an Genealogie interessiert sind, die "Anderen" grüße ich nicht!

Matthias (Kobuß)